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Landessozialgericht Schleswig-Holstein bestätigt im Grundsatz die „Freie Mitarbeit“
Seit Monaten wartet die Branche auf eine Urteilsbegründung des Landessozialgerichtes (LSG) Schleswig-Holstein. Warum?
Es gibt Sozialgerichte, die grundsätzlich und ohne Ausnahme Freie Mitarbeiter als sog. „Scheinselbstständige“ oder eher noch „abhängig Beschäftigte“ einstufen. Dies begründen diese Gerichte mit dem sog. Leistungsrecht im Bereich der Physiotherapie. Mit Leistungsrecht sind hier die Rahmenverträge, Heilmittelrichtlinie, Abrechnungsrichtlinie etc. gemeint.
Die Sozialgerichte in Norddeutschland hatten sich, insbesondere in Verfahren, die von Rechtsanwalt Schumacher geführt wurden, gegen diese negative Rechtsprechung entschieden. In einer einzigen Entscheidung war das Sozialgericht Lübeck davon abgewichen.
Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt, und wir als Verband haben dieses Verfahren als Musterverfahren geführt.
Seit April 2024 war bekannt, dass auch das LSG Schleswig-Holstein sich gegen eine selbstständige Tätigkeit ausgesprochen hatte. Bis zur Übermittlung der Urteilsbegründung stand aber nicht fest, ob das LSG die Rechtsauffassung der I. Instanz teilt – das hätte das faktische Ende der Freien Mitarbeiterschaft bedeutet –, oder ob das LSG „nur“ eine Einzelfallbetrachtung vornimmt.
Nunmehr ist mit Urteil des Landessozialgericht klar, dass es bei der Einzelfallbetrachtung bleibt. Nach dem Urteil spielt das Leistungsrecht keine entscheidende Rolle.
Für die Beurteilung, ob eine Freie Mitarbeit vorliegt, kommt also weiter auf jeden individuellen Einzelfall, und damit auf jeden einzelnen freien Mitarbeiter und seine konkrete Tätigkeit an.
Das ist zwar für den konkreten Mandanten in diesem Verfahren egal – verloren ist verloren! –, aber für die Branche ist es eine absolut positive Nachricht!
Das LSG gibt aber auch deutlich vor, auf welche Punkte geschaut und was genau geprüft wird. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind das insbesondere Kriterien:
Es wird sehr genau darauf geachtet, ob die Honorarverträge mit Privatpatienten im Namen und auf Rechnung des Freien Mitarbeiters abgeschlossen werden oder eben durch die Praxis.
Es wird sehr genau geprüft, ob die Privathonorare auf Konten des Freien Mitarbeiters fließen oder auf Konten des PI.
Homepages werden überprüft, ob der Freie Mitarbeiter auch mit dieser Bezeichnung dort dargestellt wird -und mit eigenen Kontaktdaten und eigener Telefonnummer – oder lediglich als „Teammitglied“ geführt wird.
Es wird sehr genau geprüft und bewertet, ob FM einen eigenen Patientenstamm haben (das muss bewiesen werden) und wie der Erstkontakt eines Neupatienten zum Freien Mitarbeiter stattfindet. Hier ist das LSG strenger als bisher: Es reicht für eigenen Patientenstamm nicht aus, dass man bestimmte Qualifikationen, Weiterbildungen oder Arztkontakte nur behauptet, sondern diese müssen nach Auffassung des LSG auch konkret vorgetragen werden.
Dazu zählt auch die Frage, ob nur Hausbesuche durch den FM durchgeführt werden oder eben auch Behandlungen in der Praxis.
Im Wesentlichen ändert sich mit dem Urteil aber nichts. Für Lesefreudige sei hier noch die konkrete Bezeichnung des Urteils zur Eigenlektüre verraten:
Urteil LSG SH vom 24. April 2024, Az: L 5 BA 17/21.
Die Botschaft ist und bleibt klar: Freie Mitarbeit ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich – aber die Erfüllung dieser Voraussetzungen muss auch bewiesen und belegt werden können. Reine Behauptungen oder ein Verweis auf die geschlossenen Verträge reichen nicht aus.
Eine gute Nachricht für die Branche also – auch wenn es sich grundsätzlich sicherlich nicht ändern wird, dass Freie Mitarbeit bei neuen Verträgen durch ein Statusfeststellungsverfahren bei der DRV-Bund Clearingstelle abgesichert werden sollten, denn nur das schafft Rechtssicherheit. Von Statusfeststellungsverfahren bei „Altverträgen“ ohne eine vorherige fachmännische Risikobewertung wird abgeraten.
Ein Gutes hat dieses neue Urteil noch abschließend: Wie so üblich bei den Sozialgerichten liegen viele ähnliche Verfahren oft über lange Zeit in einem „Schwebezustand“ ohne Entscheidung – im Fahrwasser dieses Urteils werden nun einige „ruhende“ Verfahren sicherlich wieder Fahrt aufnehmen können. Es kann weitergehen!
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